Berge und Gipfel der Alpen
Erdgeschichte

Karbon

Das Karbon ist eine Periode in der Ära des Paläozoikum im Äon Phanerozoikum. Es wurde bereits 1822 in England als geologisches System (= Periode) eingeführt. Namensgebend sind die Weltweitverbreiteten Kohleflöze vor allem im Oberkarbon (lateinisch carbo = Kohle). Das Karbon begann 359,2 +- 2,5 Ma BP und endete vor 299 +- 0,8 Ma BP.  Die zeitlichen Grenzen zum älteren Devon und jüngeren Perm werden durch radiometrische Datierungen des Alters von Grenzsedimente ermittelt.

Die stratigraphische Gliederung des Karbons wird regional unterschiedlich vorgenommen; eine einheitliche internationale Stufengliederung und deren internationale Benennung ist in der Entwicklung und teilweise schon verabschiedet. Die nachfolgende Gliederung geht noch von der europäischen Bezeichnung und zeitlichen Gliederung aus.
 
Gliederung des Karbons in Epochen:
 

 1. Dinantium
     (Unterkarbon)
 ab 360 Ma BP -
 2. Silesium
     (Oberkarbon) 
 ab 320 Ma BP - 299 Ma BP

In Nordamerika wird ebenfalls eine, jedoch von den europäischen Verhältnissen abweichende, Zweiteilung des Karbons vorgenommen. Das Mississippium (Mississippian) entspricht in etwa dem mitteleuropäischen Dinantium (Unterkarbon) und ist nach den mächtigen Kalksteinserien benannt, die besonders gut im Tal des Mississippi aufgeschlossen sind. Das Pennsylvanium (Pennsylvanian) enthält die kohlehaltigen Flöze des Silesiums (Oberkarbon).

Pflanzenreich
Man könnte das Karbon, zumindest das Silesium, auch als das Zeitalter der Farne bezeichnen. Wenn man bedenkt, dass mehrere Kubikmeter Holz nötig sind um einen Kubikmeter Kohle entstehen zu lassen, lässt sich das enorme Ausmaß der Steinkohlewälder des Silesiums erahnen.
Die beherrschenden Vertreter der Flora in den Kohlesümpfen waren die Gattungen Lepidodendron und Sigillaria, baumartige Pflanzen, die zur Pflanzenabteilung der Bärlapppflanzen (Lycopodiophyta) gezählt werden. Die Vertreter beider Gattungen erreichten Größen von bis zu 40 Metern und Stammesdurchmesser von über einem Meter.
Die Schachtelhalme (Spenophyta) brachten mit den Kalamiten (Calamites) ebenfalls bis zu 20 Meter große Baumformen hervor (meist sind von den Stämmen nur Steinkerne der verholzten Markröhren erhalten).
Die bereits im Devon erschienene Gruppe der Farnsamer (Pteridospermatophyta) brachte mit Glossopteris (vom damaligen Südkontinent Gondwana) ebenfalls baumartige Formen hervor. Diese Pflanzen zeigten Jahresringe was auf die Gondwana-Vereisung im Silesium zurückzuführen ist. Erst gegen Ende des Silesiums lassen sich die ersten Vertreter der Samenpflanzen (Gymnospermen, Nacktsamer) nachweisen. Bekannte Beispiele sind die zu den Voltziales zählenden Gattungen Lebachia und Walchia. Ebenfalls traten die Cordaiten erstmals gegen Ende des Karbons auf. Sie überlebten das Massenaussterben im Perm nicht. Die Cordaiten und die Voltziales, welche im Unter-Jura wieder ausstarben, werden zu den Koniferen (Nadelbäume) gestellt.

Tierreich
Leben in den Ozeanen
Gepanzerte Fische (Placodermen), die in den Ozeanen des Devon die vorherrschende Gruppe waren, erholten sich nicht vom Massenaussterben an der Wende Devon/Karbon. Die Entwicklung verlief hin zu beweglicheren Formen der Strahlenflosser.
Es entstanden die Crinoiden, die zum Stamm der Stachelhäuter (Echinodermata) gehören. Crinoiden sind am Meeresboden festgeheftete Nahrungsfilter, die in den Ozeanen des Karbons regelrechte "Rasen" bildeten und oft gesteinsbildend auftraten. Andere gesteinsbildende Organismengruppen waren Moostierchen (Bryozoa, verästelte oder fächerförmige, Koloniebildende Tiere) und Formen der Foraminiferen, die Großforaminiferen (vor  allem die Gattungen Schwageria und Fusulina).
Großforaminiferen sind einzellige, benthisch lebende, amöboide Lebewesen, die jedoch bis 10 cm Größe erreichen.
Die Ammonoideen, eine Gruppe der Kopffüßer (Cephalopoda), entwickelten sich zu großer Mannigfaltigkeit. Die Biostratigraphie des Karbon beruht zum großen Teil auf dieser Gruppe.

Leben an Land
Die ältesten, flügellosen Insekten sind bereits aus dem Unterdevon bekannt, im Silesium (Oberkarbon) waren bereits geflügelte Insekten entwickelt. Diese unterscheiden sich jedoch von heute lebenden Formen dadurch, dass ihre Flügel nicht zusammenfaltbar waren (heute sind nicht zusammenfaltbare Flügel nur von Libellen und Eintagsfliegen bekannt). Die einzigen an Land lebende Wirbeltiere des Karbon waren Amphibien. Meist behielten sie jedoch eine aquatische oder zumindest semiaquatische Lebensweise bei. Die Amphibien hatten an Land keinerlei Nahrungskonkurrenten und entwickelten mannigfaltige Formen. Manche Arten erreichten Größen bis zu sechs Metern.
Die ersten den Reptilien zugeordneten Skelette sind an der Basis des Silesiums gefunden worden. Vermutlich während des Silesiums entwickelte sich auch das so genannte Amnion-Ei, mit fester Außenschale und zwei Dottersäcken. Da das Amnion-Ei in sich einen abgeschlossenen Flüssigkeitskörper darstellt, bedeutete es größere Unabhängigkeit vom Wasser bei der Fortpflanzung.

Paläogeographie
Vorgeschichte
Bereits im Devon war es zur Kollision der beiden Kontinentmassen Laurentia (Nordamerika) und Fennosarmatia (Nordeuropa und Russische Tafel) gekommen. Dieses plattentektonische Ereignis bezeichnet man als kaledonische Orogenese. Die neu gebildete Kontinentmasse trägt den Namen Euramerika. Im Devon befand sich Euramerika in kontinentaler Position. Zwischen Euramerika und der etwas weiter südlich liegenden Kontinentmasse von Gondwana (Afrika, Südamerika, Antarktis, Australien und Indien) befand sich ein durch verschiedene Terranes, kleinere Massen kontinentaler Kruste, gegliederter Meeresraum. Erste Kollisionen in diesem Bereich hatten schon im Oberdevon die variszische Orogenese eingeleitet.

Entwicklung im Karbon
Im Verlauf des Dinantium (Unterkarbon) setzte sich die Konvergenz von Laurasia und Gondwana fort und erreichte an der Wende von Dinantium und Silesium einen ersten Höhepunkt. Diese Kollision ist die Ursache der variszischen Orogenese in Europa. Erst im Silesium schloss sich der Bereich zwischen Nordwestafrika und Nordamerika, die Bildung der Appalachen fand damit ihren Abschluss. Mit dem Anschluss des sibirischen und des Kasachstan Kraton an Euramerika (dabei entstand das Ural-Gebirge) waren schließlich im Perm alle großen Kontinentmassen zu einem Superkontinent, der Pangäa, vereinigt. Der die Pangäa umgebende Ozean wird Panthalassa genannt.

Klima
Zu Beginn des Karbon befand sich die Südspitze Afrikas im Bereich des Südpols. Im weiteren Verlauf des Karbon drehte sich Gondwana im Uhrzeigersinn, im Perm befand sich die Antarktis über dem Südpol. Im Dinantium bildeten sich bereits erste Vergletscherungen, die Eisausbreitung fand allerdings erst an der Grenze Karbon/Perm ihren Höhepunkt. Hinweise auf diese permo-karbone-Vereisung finden sich auf allen Teilen des Gondwana-Kontinents in Form von Tilliten (Moränenablagerungen) in mehreren sedimentären Horizonten. Dies lässt auf einen mehrfachen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten schließen. Eine Ursache in den weit verbreiteten Kohleablagerungen des Silesiums kann in glazio-eustatischen Meeresspiegelschwankungen gesehen werden, die durch wiederholte Bildung großer Inlandseismassen im Südbereich von Gondwana hervorgerufen wurden,

Das Karbon in Europa
Unterkarbon
Kohlenkalk-Fazies
Am Südrand von Euramerika kam es im Dinantium zu einer sehr fossilreichen Sedimentation von Kalkstein. Der Bereich der Kohlenkalk-Fazies erstreckte sich von Irland/England, Belgien und die Ardennen über das linksrheinische Schiefergebirge bis nach Polen. Im Bereich Englands wurde die marine Karbonatsedimentation durch mehrere Hochzonen gegliedert (vor allem das London-Brabanter-Massiv und die Normannische Schwelle). Zur Ablagerung kamen Moostierchen-Riffkalke, Schuttkalke und dunkle bituminöse Kalke. An Fossilien sind vor allem Bryozoen, Korallen, Armfüßler (Brachiopoda), Goniatiten und Crinoiden überliefert. Die Mächtigkeit des Kohlenkalk erreicht 300-700 Meter und ist zur südlich anschließenden Kulm-Fazies, siehe unten, durch Riffschutt und Kalkturbidite verzahnt.

Kulm-Fazies
Die Kulm-Fazies schließt sich südlich an die Kohlenkalk-Fazies an, sie stellt eine synorogene Sedimentation dar, also Ablagerungen, die gleichzeitig mit der Gebirgsbildung der variszischen Orogenese erfolgten. Das klastische Material wurde dabei von der Mitteldeutschen Kristallinschwelle, damals ein Inselbogen, geliefert. Das Sedimentationsbecken, in dem die Kulm-Fazies zur Ablagerung kam, wurde durch diese Schwelle grob in einen nördlichen und einen südlichen Bereich geteilt. Der nördliche Bereich bildet heute das Rheinische Schiefergebirge. In diesem Beckenbereich kamen hauptsächlich Tonschiefer (mit der bivalven Muschel (Posidonia becheri) und Radiolarien führende Kieselschiefer ( Lydite) zur Ablagerung.
Im südlichen Bereich herrschte eine Flyschfazies mit turbiditischen Sandsteinen, Grauwacken und Olisthostromen vor. Die Kulm-Fazies erreichte in diesem südlichen Becken Mächtigkeiten von bis zu 3.000 Meter.

Die variszische Orogenese
Beim variszischen Gebirge handelt es sich um ein kompliziert gebautes Decken- und Faltengebirge. Die enorme Krustenverkürzung macht sich in starken Verfaltungen und internen Überschiebungen bemerkbar. Der Name stammt von den Varisziern, einem alten bayerischen Volksstamm. Das mitteleuropäische Variszikum wird von Norden nach Süden in folgende Zonen eingeteilt:

     1. Das Subvariszikum stellt einen Molassetrog dar, der im Silesium die Abtragungsprodukte des
         aufsteigenden Gebirges aufnahm. Im Subvariszikum, bzw. an dessen Randbereich entwickelten sich
         außerdem im Silesium die größte Masse der Mitteleuropäischen Kohlevorkommen.
     2. Das Rhenoherzynikum umfasst Harz, Ardennen, Rheinisches Schiefergebirge und reicht bis Cornwall.
     3. Zum Saxothuringikum gehören die Sudeten, das Erzgebirge, Thüringer- und Frankenwald, Spessart und
         Odenwald und die nördlichen Bereiche der Vogesen und des Schwarzwaldes, wobei Odenwald, Spessart und
         zudem Pfalz, Rohla und Kyffhäuser zur Mitteldeutschen Kristallinzone zählen, die der nördliche Teil des
         Saxothuringikums darstellt.
     4. Das Moldanubikum umfasst die Böhmische Masse, Schwarzwald und Vogesen.

Wie bereits erwähnt fanden erste Kollisionen von Terranes (kleinere Massen kontinentaler Kruste) bereits im Devon statt. Zur Hauptfaltungsphase der variszischen Orogenese kam es an der Grenze Unter/Oberkarbon, auch als sudetische Phase bezeichnet. Bis ins Perm ist in den mitteleuropäischen Varisziden tektonische Aktivität nachweisbar.

Oberkarbon, oder: die postvariszische Entwicklung
Während der Hauptphase der variszischen Gebirgsbildung waren große Teile Europas zu Festland und damit zu Abtragungsgebieten geworden. Die Sedimentation im Silesium unterschied sich damit grundlegend von den Verhältnissen im Dinantium.

Subvariszikum
An den Rändern des Subvariszischen Beckens entwickelt sich hauptsächlich im Westfal ein paralischer Kohlegürtel mit ausgedehnten Kohlesümpfen. Dieser Gürtel paralischer Kohlen zieht sich von Südengland über das Ruhrgebiet bis nach Polen, Im Ruhrgebiet erreicht das Silesium eine maximale Mächtigkeit von 6.000 Metern.

Quelle: Text Wikipedia mit Links auf meine Internetseiten

zurück zur geologischen Zeitskala
oder Pfeil zurück benutzen
Copyright © Hilmar Schmitt www.berge-gipfel.de